Erklärung der Botschafter-Konferenz

Von | 3. Juni 2018
Ende Mai 2018 traf sich in Warschau eine Gruppe ehemaliger polnischer Botschafter, um sich mit der aktuellen Außenpolitik ihres Landes zu befassen. Dabei entstand folgende Erklärung, die am 31. Mai 2018 veröffentlicht wurde. Wir veröffentlichen das Dokument am Ende dieses Beitrags als Faximile im polnischen Original und hier in einer nicht authorisierten Übersetzung unserer Redaktion.

Wir riefen eine Botschafterkonferenz der Republik Polens ein, eine Versammlung ehemaliger Botschafter der Republik Polens, deren Ziel es war, die Außenpolitik zu analysieren, auf die Gefahren für Polen hinzuweisen und Empfehlungen auszusprechen. Wir wollen damit eine breite Öffentlichkeit erreichen. Es verbindet uns die gemeinsame Arbeit und die Erfahrung bei der Ausgestaltung der Position Polens als ein moderner Staat in Europa und bedeutendes Mitglied der Transatlantischen Gemeinschaft ist. Wir sind überzeugt, dass die Außenpolitik ein Ausdruck der Interessen eines Staates sein muss und nicht der Interessen einer regierenden Partei.

Warschau, den 31. Mai 2018

 Die Verletzung der Rechtsstaatlichkeit schwächt
die Position Polens in der Welt

Position der Botschafterkonferenz der Republik Polens

  1. Die Europäische Union, deren Mitglied Polen ist, ist eine besondere internationale Organisation, die sich nicht nur mit den politischen Beziehungen zwischen den Staaten widmet, sondern auch viele Bereiche des Lebens, die für die Bürger und Wirtschaftssubjekte bedeutend sind, reguliert. Grundlage für die gemeinschaftliche Zusammenarbeit und ihre Effektivität ist das demokratische Fundament eines/als Rechtsstaates (Beachtung der Dreiteilung der Macht, Unabhängigkeit der Gerichte, Legalität des staatlichen Handelns, Rechtssicherheit).
  2. Die Tätigkeit der aktuellen Regierung, die die Grundlagen eines Rechtsstaates bricht, Xenophobie und Antisemitismus hervorruft, führt zur Untergrabung der demokratischen Struktur des Staates. Sie führt ebenso zu schädlichen Folgen für den Status, die Glaubwürdigkeit und die Position Polens in der Welt, hauptsächlich in den Beziehungen mit den wichtigsten Partnern. Sie berührt die Qualität der Mitgliedschaft in der NATO und der Europäischen Union. Polen verliert an Glaubwürdigkeit und Einfluss auf wichtige Entscheidungen in der internationalen Arena. Die Kosten für diese Politik werden deutlich und schmerzlich sein: wir fühlen sie bei der Aufteilung der Budgetmittel der EU für die Jahre 20121-2027.
  3. Der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit hat für die Europäische Union rechtlich bindenden Charakter. Die Gemeinschaftsverträge stehen als Garant für die Beachtung dieses Grundsatzes. Seine Verletzung hat nicht nur politische Konsequenzen, sondern ebenso für die Bürger und Wirtschaftssubjekte. Außer den Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof gehört zu den bekanntesten Prozeduren die Anwendung des Artikels 7 des Vertrages über die Europäische Union (TUE), die als erster, politischer Schritt gegenüber Polen zur Anwendung gekommen ist. Diese Prozedur ist nicht darauf ausgerichtet, ein Mitgliedsstaat zu bestrafen. Ihr Ziel ist seine Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit. Der Weg dorthin führt über den Dialog. Die Empfehlungen, die gegenüber Polen durch die Europäische Kommission formuliert wurden, sind die Konsequenzen der Verletzung der Rechtsstaatlichkeit und nicht Ausdruck einer internationalen Verschwörung. Die Umsetzung dieser Empfehlungen ist eine notwendige Bedingung für Polen, wenn es seinen ihm gebührenden Platz in der internationalen demokratischen Gemeinschaft behalten will.
  1. Unabhängig von der Prozedur nach Art. 7 TUE kann die Europäische Kommission – im Falle der Verletzung des Unionsrechts durch einen Staat – Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erheben. Die Möglichkeiten dafür sind zahlreich. In einigen Fällen haben die Urteile des Gerichtshofes allerdings eine besondere Bedeutung, nämlich dann, wenn sie die Grundlagen des Rechtsstaates verletzt sehen. So geschah es z. B. mit dem Urteil vom 6. November 2012, mit dem der Gerichtshof feststellte, dass das ungarische Gesetz, mit dem die Richterschaft kollektiv in Rente geschickt wurde, gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters verstieß. Zu dieser Art Urteile gehört ebenfalls der Richterspruch vom 17. April 2018, das feststellte, die Abholzung der Bäume im Biłowieska-Urwald verletze bindendes Recht der UE, dass auch für Polen gilt.
  1. Die Europäische Kommission kann dementsprechend Klage vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der Verabschiedung der Gesetze zur Gerichtsbarkeit durch das derzeitige polnische Parlament erheben, darunter gegen das Gesetz zum Obersten Gericht. Sie kann darüber hinaus beantragen, die Anwendung des Gesetzes bis zur Zeit eines Urteils durch den Gerichtshof durch eine einstweilige Verfügung verbieten zu lassen. Das ist von besonderer Bedeutung, weil durch die Neubesetzungen beim Obersten Gericht der Prozess der politischen Übernahme der Gerichtsbarkeit zu Ende gebracht wird. Das wird gleichzeitig das Ende der unabhängigen Gerichtsbarkeit in Polen sein. Wegen der Übernahme des Verfassungsgerichtes wird es schwierig sein, diese auf der Grundlage des aktuellen Systems in Polen wiederzuerlangen.

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Die jetzige Regierung macht aus Polen einen schwachen, isolierten und einsamen Staat. Die Errungenschaften der Außenpolitik des unabhängigen Polen werden verschleudert und zunichtegemacht. Das geschieht in einer Zeit, in der die Europäische Union tiefgreifende Reformen durchführt sowie in den internationalen Beziehungen die Spannungen wachsen.

Grundlegende Entscheidungen über das Schicksal Polens fällen die Wähler. Maßnahmen internationaler Organisationen können das nicht ersetzen. So kann der Standpunkt der EU-Institutionen gegenüber den Maßnahmen der polnischen Regierungen ausschließlich zur Rückkehr Polens zur Rechtsstaatlichkeit führen.

Unterzeichner:

Jan Barcz

Andrzej Jaroszyński

Jerzy Maria Nowak

Marcin Bosacki

Maciej Klimczak

Piotr Nowina-Konopka

Iwo Byczewski

Tomasz Knothe

Agnieszka Magdziak-Miszewska

Maria Krzysztof Byrski

Maciej Kozłowski

Piotr Ogrodziński

Mieczysław Cieniuch

Jerzy Kranz

Katarzyna Pełczyńska-Nałęcz

Tadeusz Diem

Henryk Lipszyc

Ryszard Schnepf

Paweł Dobrowolski

Bogumił Luft

Katarzyna Skórzyńska

Grzegorz Dziemidowicz

Piotr Łukasiewicz

Tadeusz Szumowski

Urszula Gacek

Jacek Najder

Maria Wodzyńska-Walicka

Marek Grela

Anna Niewiadomska

Maciej Koźmiński