Polens Ministerpräsentin hielt am Samstag, 12. Februar, ihren Antrittsbesuch in Berlin. Nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sie bei einer Veranstaltung der Körber-Stiftung Berlin.
Die gesamte Veranstaltung (etwa eine Stunde) kann (Ton = Dolmetscherübersetzung) in YouTube angesehen und gehört werden: (Link zum Video)
Gleich zu Anfang machte Szydło deutlich, dass sie jede Kritik an der polnischen Politik von sicht weisst. Die europäischen Politiker sollen sich nicht mit den „internen Dingen Polens“ befassen. Es seien gute Veränderungen, die derzeit in Polen stattfänden, und derartige Veränderungen wollten auch die Wähler, denn sie hätten ja das Programm der Partei »Recht und Gerechtigkeit« gewählt. Vielleicht hätten sich die westlichen Medien schlecht informiert, wie die neue Regierung arbeite, meinte die Ministerpräsidentin.
So ging sie nur kurz auf die in der Begrüßung durch die Körber-Stiftung angesprochenen Dinge ein: „Unsere internen Sachen und Probleme, weil hier am Anfang etwas gesagt wurde über Zweifel bezüglich des Verfassungsgerichts oder die Medienreform, das sind interne Probleme von Polen. Das sind Entscheidungen, die vom polnischen Parlament gemacht worden sind und ich denke, dass diese Themen es nicht wert sind, dass europäische Politiker sich damit befassen. Während europäische Politiker zu unserem Verfassungsgericht fragen, sagen wir nichts zur europäischen Migrantenkrise. Die polnische Demokratie ist ein großer Wert, und die Polen schätzen die Freiheit. Wir haben lange dafür gekämpft. Die Tatsache, dass wir jetzt Mitglied der EU und der NATO sind, ist ein großer Wert, und dieser Wert wird von uns nie wieder weggegeben. … Wir haben unterschiedliche Meinungen in der EU von Zeit zu zeit, weil wir unterschiedliche Völker sind, jeder hat eine andere Geschichte, jeder hat eine andere geopolitische Lage, eine andere wirtschaftliche, eine andere gesellschaftliche Lage.“
Der Rest der insgesamt 40minütigen Rede war ein Plädoyer für die „Werte der Europäischen Union“, wobei sie offen ließ, was nun zu diesen Werten zählt. Europa dürfe sich nicht spalten. Auch Großbritannien müsse in der EU bleiben, habe sie kürzlich dem britischen Premier erklärt.
Als ein Ergebnis der Gespräche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel hob die Ministerpräsidentin hervor, dass zur Linderung der Flüchtlingskrise ein gemeinsames humanitäres Projekt auf den Weg gebracht werden soll. Zur Frage der Aufnahme von Flüchtlingen, wies sie darauf hin, dass in Polen inzwischen rund 1 Million Ukrainer aufgenommen wurden.
Die eigenlich geplante Diskussion war durch die Verspätete Ankunft der Ministerpräsidentin nur extrem kurz geraten. Nur eine Frage der Moderatorin und zwei aus dem Publikum waren möglich. Nora Müller, Leiterin des Bereichs Internationale Politik der Körber-Stiftung sprach die außenpolitische Grundsatzrede des Außenministers im Parlament an. Darin kam Deutschland erst in der 45. Minute, nach vielen anderen Themen und Staaten (Visegrad-Staaten, baltische Staaten, Großbritannien), vor. Sie fragte, ob sich ein neues Intermarium-Konzept zeige (Polens Interesse liege an den Staaten zwischen den beiden Meeren – Ostsee und Mittelmeer – ) und „Weimar“ eine geringere Rolle spiele. Szydło antwortete, dass sie sich Polen ohne Deutschland und Deutschland ohne Polen nicht vorstellen könne. „Unsere Beziehungen erfordern keine Besonderheiten, keinen neuen Aufbau, weil sie immer noch sehr gut sind.“ Als persönliche Bemerkung fügte sie hinzu, dass sie in Oświęcim (Auschwitz) geboren wurde und sie täglich sehe, wie die Beziehungen durch Jugendliche aus Deutschland und Polen gerade an diesem Ort entwickelt werden.
Nora Müller sprach die Ministerpräsidentin auch auf ihre Vorstellung auf dem PiS-Parteitag an („Mein Name ist Szydło, Beata Szydło“). Der Eindruck von James Bond führe zu der Frage, wenn sie James Bond sind, wer ist dann ihr „M“? Szydło antwortete schmunzelnd: „Na ja, ein Rätsel“, fuhr jedoch sofort mit der Bemerkung fort, dass es wichtig sei, dass heute immer mehr Frauen in führenden politischen Positionen sei. Sie verwies da auf Angela Merkel oder Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg.
Aus dem Publikum wurde Szydło gefragt, wie sich Polen den Problem der Flüchtlinge („Nicht, wie sie es ausdrücken den Migranten“), die heute schon in Europa sind, stellen würde. Wird sich Polen dem Problem stellen, oder weiterhin davonlaufen? Beata Szydło antwortete, dass Polen ein Land sei, das den Menschen hilft, die Hilfe benötigen. Zur Zeit seien eine Million Menschen aus der Ukraine nach Polen gekommen, aber die EU unterstütze Polen nicht. Ansonsten habe die EU bislang keine wirksamen Beschlüsse zur Lösung der Probleme gefasst. Polen unterstütze die Zusammenarbeit mit der Türkei. Außerdem müssen die Außengrenzen der EU stärker geschützt werden.
Vor der Tür der Veranstaltung protestierte derweilen das Komitee zur Verteidigung der Demokratie (KOD). Michał Talma-Sutt, in Berlin lebender Komponist und Aktivist von KOD wollte eigentlich der polnischen Ministerpräsidentin ein Geschenk überreichen: Ein edel gebundenes Exemplar der polnischen Verfassung. Doch die Veranstalter hatten seine Akkreditierung für die Veranstaltung offensichtlich gestrichen, so daß er bei den Demonstranten vor der Tür bleiben musste.